Erbe der NS-Zeit aufarbeiten - Information und Aufklärung beim Straßennamen Sven- Hedin-Straße vornehmen

Schwachhausen

Der schwedische Forscher Sven Anders Hedin (1865 - 1952) ist gemeinhin für seine
Expeditionen nach Zentralasien und damit verbundenen Forschungsverdiensten bekannt.
Jedoch liegt über seinen Entdeckungen der Schatten seiner Kollaboration mit dem NSRegime. Zahlreiche Quellen über Schriftwechsel, Reden und Aufsätze weisen darauf hin, dass Hedin als bekennender Bewunderer Hitlers galt.

Tatsächlich setzte sich Hedin gegen die Verfolgung von jüdischen Wissenschaftlern auf seinem Forschungsgebiet ein. Gleichwohl verfasste er jedoch allseits einschlägige antisemitische Propaganda, u.a. in seinem Buch „Deutschland und der Weltfriede“ (1937). Dank dieser Fürsprachen zum nationalsozialistischen Terror wurde Hedin von Institutionen und politischen Vertretern Nazideutschlands gebührend gefeiert und ausgezeichnet.

Aufgrund seiner Bekenntnisse wurde er schon zu Lebzeiten aus der Forschergemeinschaft und wissenschaftlichen Gesellschaften ausgeschlossen. Zudem ist anzunehmen, dass Hedin in die Deportationspläne der Nazis eingeweiht war und diese sogar aktiv unterstützte¹. Zwischen 1995 und 2001 erfolgte dazu eine wissenschaftliche Überprüfung der Persönlichkeit von Sven Hedin und seiner Beziehungen zum Nationalsozialismus an der Universität Bonn im Rahmen des DFG-Projekts „Sven Hedin und die deutsche Geographie“ (Projektnummer 5212230)². Hierbei konnten weitere Briefwechsel mit NS-Funktionären, wie z.B. Reichsaußenminister Ribbentrop sowie Kommentare des Propagandaministeriums zu o.g. Werk Aufschluss über seine besagte Nähe zu Nazi-Deutschland geben.

Laut Aussage des Staatsarchivs lässt sich die Namensgebung im Ortsteil Radio Bremen zwar auf 1953 datieren, eine Begründung zu dieser Vornahme geht aus den Akten jedoch nicht hervor. Auf Nachfrage im Kulturausschuss des Beirats am 15.05., in dem das Ansinnen dieses Antrags bereits diskutiert wurde, wurde eine Benennung nach Sven Hedin in heutiger Zeit durch das Staatsarchiv als unwahrscheinlich eingeschätzt.

Einer so streitbaren Persönlichkeit wie Sven Hedin sollte die Ehrung mittels
Straßenbenennung in heutiger Zeit zumindest mit Einschränkungen und der erforderlichen kritischen Distanz gebühren. Daher wäre eine Erklär-Tafel hierbei am ehesten geeignet, um auf die namensgebene und umstrittene Person Sven Hedin angemessen im Sinne einer permanenten und verantwortungsvollen Erinnerungskultur unserer Zeit nach 1945 aufmerksam zu machen.

Der Beirat erwartet daher von der zuständigen senatorischen Behörde die Anbringung eines inhaltlich und umfänglich geeigneten Textes, der die Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Verdiensten einerseits und NS-Kollaboration andererseits bei Hedin verdeutlicht. Für den Fall, dass die Anbringung einer solchen Tafel aus Sachgründen ausbleibt, erwartet der Berat die Prüfung alternativer Möglichkeiten, die dem Ansinnen einer Aufklärung, wie dargelegt, entsprechen.

Der Beirat möge beschließen:
Der Senat wird aufgefordert, bei der Straßenbenennung der Sven-Hedin-Straße eine
angemessene Aufklärung und Informationsgrundlage zu schaffen, die neben seinem
Lebenswerk auf die nachweisliche Nähe Hedins zu NS-Ideologie und Kooperation mit
Hitler-Deutschland hinweist.

André Walther Malte Lier und die Linke im Beirat Schwachhausen


¹ „The Explorer's Roadmap to National-Socialism Sven Hedin, Geography and the Path to Genocide“ von Sarah K. Danielsson
² gepris.dfg.de/gepris/projekt/5212230; (31.05.2024)