Destille im Schnoor: Kein Kneipenabriss für Parkplätze

Die Gerüchte, dass im Schnoor die 50 Jahre alte Traditionskneipe „Destille“ abgerissen werden soll, um Raum für Parkplätze zu schaffen, scheinen sich zu bewahrheiten Dies geht aus der Senatsantwort auf eine Anfrage in der Fragestunde der gestrigen Stadtbürgerschaft hervor, die die Fraktion Die Linke eingereicht hat.

Demnach besteht Interesse seitens des Polizeikommissariats Mitte, in Räumlichkeiten des Gebäudes Tiefer 2-4 zu ziehen. Um dort ein sofortiges Ausrücken der Polizei mit Einsatzfahrzeugen zu gewährleisten, würden am Gebäude Außenstellplätze benötigt.

Tim Sültenfuß, verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion, kann darüber nur den Kopf schütteln: „Von Seiten der Polizei wird ein neuer Standort mit besserer verkehrlicher Anbindung gesucht. Dies ist verständlich, da die Situation Am Wall alles andere als optimal ist. Dass die Wahl aber nun auf den Standort Tiefer mit Tiefgaragenzufahrt im Schnoor fallen soll, ist für mich mehr als nur verwunderlich. Eine schnelle Ausfahrt der Einsatzfahrzeuge von Seiten der Straße Hinter der Holzpforte auf den Tiefer ist auch nicht gegeben: Die Stelle ist unübersichtlich und der Geh- und Radweg an der Stelle sehr schmal, Fahrradfahrende und Touristen kreuzen den Ausfahrtbereich. Eine Ausfahrt über die Materburg hoch zur Ostertorstraße ist nahezu ausgeschlossen. “

Bisherige Planungen für das ehemalige Vonovia-Gebäude sahen eine Nutzung als Studierendenwohnheim vor. Hierfür liegt auch eine Baugenehmigung vor. Diese beinhaltet jedoch nicht den Abriss der Kneipe Destille. Für die Nutzung als Polizeirevier müsste deshalb erst neues Baurecht geschaffen werden.

Henrike Adebar, Sprecherin der Fraktion Die Linke im Beirat Mitte ist entsetzt: „Der Beirat Mitte hat ein ausdrückliches Votum für die Umnutzung zu einem Studierendenwohnheim gegeben. Im Stadtteil fehlt es an kleinen Wohneinheiten, die auch für Studierende erschwinglich sind. Dass nun kein Wohnheim entstehen soll und eine Kneipe in ihrem Jubiläumsjahr für den Bau von Parkplätzen abgerissen werden soll, noch dazu in einer belebten Fußgängerzone, macht mich fassungslos!“.

Für die Fraktion Die Linke in der Bremischen Bürgerschaft steht fest, dass an der Nutzung als Wohnheim festgehalten werden muss. Für die Nutzung als Polizeirevier gibt es bisher weder eine politische Beschlussfassung noch einen Bauantrag. Den Abriss der Traditionskneipe für den Bau von Parkplätzen, ohne dass es dafür eine zwingende Notwendigkeit gibt, lehnt die Fraktion ab.


Senatsantwort in der Fragestunde des Parlaments im Mai 2025

Abriss einer Traditionskneipe zur Schaffung eines Parkplatzes im Schnoor?
Anfrage der Abgeordneten Tim Sültenfuß, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion Die Linke

Wir fragen den Senat:
1. Hat der Senat Kenntnis über Pläne einer Projektgesellschaft, eine 50 Jahre alte Gaststätte im historischen Schnoor für den Bau eines Parkplatzes abzureißen, und inwiefern liegen hierzu bereits Genehmigungen vor?
2. Inwieweit bestehen Pläne für einen Umzug des Polizeikommissariats Mitte in das Gebäude Tiefer 2-4, und inwiefern würden dafür an dieser Stelle weitere Parkplätze benötigt werden?
3. Könnte bei der Realisierung des ursprünglich an diesem Ort geplanten Wohnheims für Studierende ein Abriss des Anbaus vermieden werden?

Die Antwort(en) des Senats:
Zu Frage 1: Für den Umbau mit Nutzungsänderung des Bürogebäudes Tiefer 2-4 in ein Studierendenwohnheim mit Gewerbe liegt eine Baugenehmigung nach § 64 Bremische Landesbauordnung vor. Diese Baugenehmigung umfasst nicht den Abriss der Destille.
Am 08.04.2025 wurde die untere Bauaufsichtsbehörde in einem Gespräch mit dem
planenden Architekturbüro darüber informiert, dass der Immobilieneigentümer kurzfristig einen neuen Bauantrag einreichen möchte. Die Planung, die den Abbruch der Destille zugunsten von drei zwingend erforderlichen Stellplätzen für Einsatzfahrzeuge vorsieht, wurde dabei vorgestellt. Es besteht für das Gebäude kein Denkmalschutz.
Zu Frage 2: Hierzu ist die Meinungsbildung im Senat noch nicht abgeschlossen
Zu Frage 3: Das Studierendenwohnheim wurde ohne Abriss des als Gaststätte genutzten Anbaus geplant und genehmigt.